Ein weiteres Atomkraftwerk in Tschechien? CEZ beantragte eine Genehmigung für Tusimice in Nordböhmen

12.05.25, Quelle: Hospodárské noviny, Seite: 3, Viktor Votruba, Übersetzung: OIZP

Ein weiteres Atomkraftwerk in Tschechien? CEZ beantragte eine Genehmigung für Tusimice in Nordböhmen
Ein weiterer Standort könnte in Zukunft auf der Landkarte der
tschechischen Atomenergie erscheinen - Tusimice in Nordböhmen. Das
Energieunternehmen CEZ hat dem Umweltministerium bereits Unterlagen für
eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) vorgelegt und damit das
Genehmigungsverfahren für den Bau eines neuen Kernkraftwerks in diesem
Gebiet offiziell eingeleitet.


"Zusätzlich zur Einreichung der UVP-Bekanngabe werden in Tusimice
derzeit eine gründliche geologische Untersuchung und andere notwendige
Schritte im Zusammenhang mit dem Genehmigungsverfahren durchgeführt",
sagte der CEZ-Sprecher Roman Gazdík gegenüber der Zeitung HN. In dem
Antrag beschrieb CEZ erstmals auch die Parameter und weitere Details
seiner Vorstellungen vom künftigen Kernkraftwerk.
Dem veröffentlichten Plan zufolge soll in Tusimice ein Kraftwerk mit bis
zu drei modularen Reaktoren vom Typ SMR (Small Modular Reactor) mit
einer Leistung von jeweils rund 470 MW entstehen.

Der geplante Zeitplan sieht die Abschaltung des derzeitigen
Kohlekraftwerks Tusimice II bis zum Jahr 2030 vor. Mit dem Bau des
ersten Atomkraftwerks könnte im Jahre 2034 begonnen werden, mit der
Inbetriebnahme ist frühestens im Jahre 2038 zu rechnen. Läuft alles nach
Plan, könnten bis zum Jahr 2042 die nächsten beiden Blöcke folgen. Die
Lebensdauer des Reaktors soll mindestens 60 Jahre betragen.

CEZ bevorzugt seit langem die britische SMR-Technologie von Rolls-Royce
und hat sich dieser auch durch den Erwerb des gleichnamigen Unternehmens
angenähert. Beide Parteien unterzeichneten den Kooperationsvertrag Ende
Oktober des letzten Jahres. Der erste inländische Modulreaktor sollte in
der ersten Hälfte der 30er Jahre im Kernkraftwerk Temelín gebaut werden.
Der Vorteil von SMRs ist ihre Massenproduktion in Fabriken. Sie werden
als fertige Module zur Baustelle transportiert. Dadurch sollen die
Baukosten gesenkt und Verzögerungen begrenzt werden. Allerdings befinden
sich diese Reaktoren noch in der Entwicklung und wurden noch nicht in
die Praxis umgesetzt.

Die Wahl von Tusimice als Standort für diesen Reaktor war kein Zufall.
Der Standort hat eine lange Energiegeschichte - seit den 1960er Jahren
wird hier Strom in Kohlekraftwerken produziert, die nach und nach
stillgelegt werden. Der reibungslose Übergang von Kohle- zu Atomkraft
ist einer der Hauptgründe, warum sich CEZ entschieden hat, die
vorhandene Infrastruktur und das Personal dieses nordböhmischen
Kraftwerks zu nutzen.

Einer der wichtigsten Aspekte, die im Rahmen der UVP bewertet werden,
ist der Wasserverbrauch. Atomkraftwerke verbrauchen große Mengen davon
zur Kühlung - in diesem Fall mehr als 45 Millionen Kubikmeter pro Jahr.
Es sollen Ressourcen aus dem Fluss Ohre und möglicherweise auch aus dem
Stausee Nechranice genutzt werden. Es ist jedoch auch möglich, eine
Luftkühlung zu verwenden, wodurch der Wasserverbrauch deutlich gesenkt
werden könnte.

CEZ plant, bis zum Jahr 2050 modulare Reaktoren mit einer Gesamtleistung
von drei Gigawatt in Tschechien zu bauen. Nach einer früheren Aussage
von CEZ soll dieser Reaktortyp vor allem der Wärmeversorgung dienen. Sie
sollen beispielsweise im Gebiet bestehender Kohlekraftwerke wie
Tusimice, aber auch Detmarovice errichtet werden.

In den Regionen wird der Übergang von Kohle- zu Atomkraft überwiegend
unterstützt. "Hoffentlich werden wir einen kleinen modularen Reaktor
haben", sagte der Bürgermeister von Kadan, Jan Losenický (ODS). "Wir
verhandeln regelmäßig mit den Gemeinden und der Region. Wir organisieren
Arbeitstreffen, bei denen wir die Entwicklung des Projekts vorstellen
und den Bürgermeistern für ihre Fragen zur Verfügung stehen", sagte
Roman Gazdík.

Einer früheren Aussage von CEZ-Geschäftsführer Daniel Benes zufolge wird
der Preis eines modularen Reaktors umgerechnet auf die Leistung dem
Preis großer Blöcke ähneln. Im Vergleich zur Fertigstellung neuer Blöcke
in Dukovany könnte dies ungefähr einem Preis von 96 Milliarden Kronen
für einen Modulblock in Tusimice entsprechen. Darüber hinaus will CEZ
dafür sorgen, dass die Region Nordböhmen nicht ausschließlich der
Atomkraft vorbehalten bleibt.

Außerdem will das Unternehmen Solarprojekte auf nach dem Braunkohle-
abbau rekultivierten Flächen entwickeln. Dabei geht es um bis zu 1.200
Megawatt installierte Leistung an Photovoltaikkraftwerken. Derzeit ist hier
lediglich ein kleines Solarkraftwerk mit einer Leistung von weniger
als vier MW in Betrieb. Allerdings hat CEZ im Rahmen der UVP bereits die
Genehmigung für weitere 155 MW Leistung dort erhalten. Es handelt sich
um zwei Kraftwerke, mit dem Bau eines davon soll noch in diesem Jahr
begonnen werden. Der zweite nächstes Jahr. Tusimice kann sich in den
nächsten zwei Jahrzehnten von einer Kohlefestung in eine der Säulen der
emissionsfreien Energie in der Tschechischen Republik verwandeln.

Auch das private Unternehmen SUAS, ein Schwesterunternehmen von
Sokolovská uhelná, ist am Bau eines kleinen modularen Reaktors
interessiert. Zukünftig könnte ein Reaktor auch in der Karlsbader Region
im Industriekomplex Vresová gebaut werden, wo Sokolovská uhelná ein
Dampfgas-Kraftwerk betreibt.

Ende August des letzten Jahres schloss der Staat mit CEZ eine
Sicherheitsvereinbarung zur Entwicklung kleiner und mittelgroßer
modularer Reaktoren. Das Abkommen soll die Sicherheitsinteressen des
Staates bei der Auswahl eines künftigen Partners für die Entwicklung und
den Bau solcher Reaktoren gewährleisten. Beispielsweise wird CEZ somit
den Staat über die Auswahl des Lieferanten informieren.
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