Dukovany oder ein verwirrtes Land?
10.05.25,
Quelle: Mlada fronta DNES, Seite 8, Kommentar, Lukas Kovanda, Chefvolkswirt der Trinity Bank, Übersetzung: OIZP
Dukovany oder ein verwirrtes Land?
Der Vertrag zur Fertigstellung neuer Blöcke des Kernkraftwerks Dukovany
wird immer komplizierter. Dies liegt nicht nur an der gerichtlichen
Anordnung, sondern auch an der verschwindenden Verpflichtung zur
Beteiligung unserer Industrie an diesem Projekt. Tschechien könnte
somit Hunderte Milliarden verschwenden.
Die Südkoreaner sind zutiefst wütend. Und sie fordern eine
Entschuldigung von der tschechischen Regierung. Zumindest im Leitartikel
der meistgelesenen englischsprachigen Zeitung dort, The Korea Times. Die
Zeitung räumt zwar ein, dass die Entscheidung, den Vertragsabschluss für
den Bau der Atomblöcke Dukovany zu untersagen, von einem Gericht,
nämlich dem Kreisgericht Brünn, getroffen wurde, doch könne man die
tschechische Regierung nicht aus der Verantwortung entlassen.
So stellt sich beispielsweise die Frage, warum der Vertrag nicht
unmittelbar nach der Entscheidung des Amtes für Wettbewerbsschutz UOHS
unterzeichnet wurde. Dann hätte der französische Konzern EDF keine Zeit
gehabt, das Urteil von UOHS, wonach die gesamte Ausschreibung für den
Ausbau von Dukovany in Ordnung sei, anzufechten, so dass es zu keiner
Klage gekommen wäre.
Und so auch kein Verbot der Vertragsunterzeichnung Und die
südkoreanische Delegation unter der Leitung des Industrieministers würde
nicht mit leeren Händen aus Prag zurückkehren, sondern mit der
Unterschrift, für die sie gekommen war.
Die Rückkehr einer solchen Delegation mit leeren Händen mutet
tatsächlich wie aus einem schlechten Film an. Oder wie aus einem
verwirrten Land. Doch welchen Zugang dazu hat die südkoreanische Seite
selbst? Einen, der Zweifel weckt. Was der ganzen komplizierten Angelegenheit
nicht gerade zuträglich ist. Wenn der Präsident des Industrie- und
Verkehrsverbandes der Tschechischen Republik offen seine Enttäuschung
über das Vorgehen der südkoreanischen Seite äußert, ist das an sich
schon ein ernstes Zeichen. Und was noch schwerwiegender ist: Er sagt
dies, obwohl er in dem Vorstand der Gewerkschaft zusammen mit dem Chef
von CEZ als seinem Vizepräsidenten sitzt.
Ingenieure oder Maurer?
Die südkoreanische Seite tut einfach so, als hätte sie den gesamten
Auftrag in der Tasche, obwohl sie offensichtlich nicht in der Lage ist,
ausreichende Garantien für die Beteiligung der tschechischen Industrie
am Bau zu geben. Und das ist keine Kleinigkeit. Es geht um Hunderte
Millionen Kronen, die bei einer höheren Beteiligungsquote wieder in die
tschechische Wirtschaft zurückfließen.
Eine im vergangenen Monat vom Zentrum für Wirtschafts- und Marktanalysen
aktualisierte Studie berechnet die positiven Auswirkungen des ganzen
Ausbaus von Dukovany für die tschechische Wirtschaft, sowohl bei
unterschiedlichem Grad der Beteiligung der heimischen Industrie als auch
bei unterschiedlichen Formen.
Es hängt auch davon ab, ob der tschechischen Industrie bei einer
gegebenen Beteiligungsquote mehr Verantwortung für Arbeiten mit höherer
Wertschöpfung übertragen wird, also beispielsweise ihr Engagement im
Ingenieuerbau überwiegt, oder ob umgekehrt Arbeiten mit geringerer
Wertschöpfung, wie etwa der Bau von Gebäuden, überwiegen.
Wenn sich die heimische Industrie beispielsweise mit 65 Prozent am Bau
beteiligen würde, mit einer Dominanz im Bereich der Arbeiten mit höherer
Wertschöpfung, würde sich der positive Einfluss des Baus auf die
tschechische Wirtschaft auf insgesamt 552 Milliarden Kronen in Preisen
von 2023 belaufen. Bei einer Beteiligung von nur 20 Prozent und einer
Dominanz im Bereich der Arbeit mit geringerer Wertschöpfung würde die
tschechische Wirtschaft jedoch nur 136 Milliarden Kronen aus dem Projekt
erhalten. Das sind 416 Milliarden Kronen weniger. Das ist übrigens schon
eine große Summe, die die angegebenen Kosten des gesamten Baus von 400
Milliarden Kronen übersteigt, wobei die Südkoreaner einen Preis von 200
Milliarden Kronen pro Block versprechen.
Daher ist der Grad der Beteiligung der tschechischen Industrie und ihre
Form eine bedeutendere finanzielle Variable im Hinblick auf die
Auswirkungen auf die tschechische Wirtschaft als der viel diskutierte
Preis des gesamten Bauwerks selbst. Es wird auch sofort klarer, warum
das Ausmaß und die Form des Engagements der tschechischen Industrie so
"cowboyhaft" sind, warum die Südkoreaner ihre Versprechen vom letzten
Jahr, mindestens 60 Prozent der tschechischen Industrie zu übernehmen,
plötzlich nicht mehr so genau kennen und warum es plötzlich wie ein
Erfolg erscheint, wenn sie sich zu einem Anteil von mindestens 30
Prozent verpflichten. Sie sind nicht in die Tschechische Republik
gekommen, um wohltätige Zwecke zu tun, sondern um Geld zu verdienen.
Darüber hinaus ist es auch notwendig, die Realität der stark gespaltenen
innenpolitischen Lage in Südkorea wahrzunehmen. Präsident Yun Sok-jeol,
ein Befürworter der südkoreanischen Beteiligung an Dukovany, versuchte
im vergangenen Jahr einen Militärputsch im Land und verhängte sogar das
Kriegsrecht. Danach verpfuschte er alles, wurde abgesetzt und geriet in
die politische Bedeutungslosigkeit. In weniger als einem Monat wird das
südkoreanische Volk seinen Nachfolger wählen. Der Favorit ist Lee
Jae-myung. Dabei handelt es sich um einen lautstarken Kritiker des
südkoreanischen Engagements in Dukovany, dessen Partei - die
oppositionelle Demokratische Partei - darauf besteht, dass die
angegebenen Kosten von 200 Milliarden pro Block stark unterschätzt
wurden.
Politiker wie Lee Jae-myong meinen, dass die versprochene 60-prozentige
Beteiligung der tschechischen Industrie zu großzügig sei und dass sich -
sollte die südkoreanische Seite diese Zusage einhalten - der gesamte Bau
überhaupt nicht lohne. Gleichzeitig wird der Vertrag zwischen der
tschechischen und der südkoreanischen Seite möglicherweise erst während
der Amtszeit dieses Mannes unterzeichnet werden, da das Kreisgericht
Brünn mehrere Monate brauchen wird, um das Verbot der
Vertragsunterzeichnung möglicherweise aufzuheben.
Ein Geschenk für die nächste Regierung
Es scheint, als schwinde die Hoffnung, dass die tschechische Beteiligung
bei mindestens 30 Prozent liegen könnte, allmählich. Gleichzeitig
schwinden auch die Hoffnungen auf eine Beteiligung der tschechischen
Industrie an südkoreanischen Atomprojekten in anderen Teilen Europas.
Die Südkoreaner haben sich in den vergangenen Monaten schrittweise aus
den entsprechenden Ausschreibungen zurückgezogen. Dies steht jedoch
wieder im Widerspruch zu ihren Versprechen aus dem letzten Jahr.
Man muss sich also fragen, ob die Entscheidung des Brünner Gerichts, die
angesichts dessen, worum es geht, auch als mutig wahrgenommen werden
kann, tatsächlich eine Befreiung für die Regierungspolitiker ist.
Möglicherweise drohte eine Blamage in Bezug auf die Verschwendung eines
Impulses für die tschechische Wirtschaft in Höhe von Hunderten von
Milliarden. Und es ist gut möglich, dass die Unterzeichnung eines so
grundlegenden Vertrags wie des über Dukovany jetzt "auf dem Rücken" von
jemand anderem steht, nämlich von der nächsten tschechischen Regierung.
Die Entscheidung des Kreisgerichts Brünn könnte tatsächlich eine
Befreiung für Regierungspolitiker sein.