Zehn kleine Reaktoren in Tschechien
25.02.23, Quelle: MF DNES, Übersetzung: BIU/OIZP
Zehn kleine Reaktoren in Tschechien
Kleine Reaktoren können Wärme und Wasserstoff erzeugen
Das Forschungsinstitut in Rez bei Prag entwickelt bereits den ersten Mini - Reaktor. An Stelle der heutigen Kohlekraftwerke sollen in Zukunft kleine Atomreaktoren errichtet werden
In zwanzig Jahren werden die meisten tschechischen Kohlekraftwerke nicht mehr in Betrieb sein. CEZ sieht die Zukunft des tschechischen Energiesektors in kleinen modularen Kernreaktoren, die es an den Stellen der heutigen Kohlekraftwerke bauen will.
In neun Jahren soll der erste von ihnen auf dem Gelände des Kernkraftwerks Temelin gebaut werden, weitere sollen bis zum Jahr 2050 in Tusimice, Detmarovice, Prunerov, Dukovany, Ledvice, Porici und Melnik folgen.
Ein modularer Reaktor soll eine Leistung von 300 Megawatt haben, so dass zehn davon gebaut werden müssten, um die 3.000 Megawatt Leistung zu ersetzen, die durch die Wärmekraftwerke verloren gehen, die in Zukunft stillgelegt werden. Damit wäre auch das Problem der Wärme gelöst, die heute auch von Kohlekraftwerken erzeugt wird.
"Wir stehen vor einer Situation, in der wir in den nächsten weniger als zwanzig Jahren von einem bedeutenden Stromexporteur zu einem Land werden, das völlig von Stromimporten abhängig ist. Die Frage der zentralen Wärmeversorgung wird noch entscheidender werden, denn man kann nicht einfach Wärme z. B. aus Frankreich importieren", warnt Marek Ruszcak, Leiter der Abteilung für Forschung und Bewertung der nuklearen Sicherheit am Staatlichen Institut für Strahlenschutz.
Obwohl der Bau kleiner Kernreaktoren heute wie Science-Fiction aussehen kann, entwickeln tschechische Wissenschaftler bereits einen solchen. Er wird im Forschungszentrum UJV Rez gebaut.
Das Forschungsinstitut UJV Rez ist eine Tochtergesellschaft des Unternehmens CEZ. Der Prototyp des Reaktors, den UJV entwickelt, soll innerhalb von zehn Jahren fertig sein und in der Tschechischen Republik konstruiert werden.
"Die Gruppe des Kernforschungsinstituts ist in der Lage, diesen Reaktor mit einer Garantie vollständig zu entwickeln und zu konstruieren. Die tschechische Industrie ist in der Lage, den Reaktor herzustellen, zu bauen und zu betreiben", erklärte David Harut, Leiter der Abteilung für nukleare Sicherheit im Forschungszentrum UJV Rez, gegenüber der Zeitung MF DNES.
Der Reaktor mit der Bezeichnung CR-100 wird ein Druckwasserreaktor sein. Er wird mit einem Dampferzeuger und einer Turbine zur Wärmeversorgung des zentralen Versorgungssystems ausgestattet sein. Er ist daher auch für den Einsatz in der Nähe von Städten geeignet, wo er die heutigen Wärmekraftwerke ersetzen kann. Seine Leistung soll 100 thermische Megawatt betragen. Der Reaktor CR-100 wird aber auch Strom erzeugen und Wasserstoff produzieren, der als alternativer Treibstoff für zukünftige Autos in Betracht gezogen wird.
Ein Atomreaktor im heutigen Kohlekraftwerk
Der Bau kleiner Reaktoren an den Standorten bestehender Kohlekraftwerke ist viel günstiger als der Bau auf der grünen Wiese. "Bestehende Kohlekraftwerksstandorte sind funktionsfähig. Sie verfügen über alle technischen Infrastrukturnetze, Energieversorgung, Strom- und Gasanschlüsse, Telefone, Verkehrsverbindungen, und die Menschen sind an diese Standorte gewöhnt", sagt Tomas Kovalovsky, Vorstandsvorsitzender der tschechischen Atomassoziation.
Der Vorteil der kleinen modularen Reaktoren liegt in ihrer begrenzten Leistung und Brennstoff-Menge. Sie sind daher viel kleiner als klassische Reaktoren, wie zum Beispiel die in Temelin. "Gleichzeitig soll die Verkleinerung des Reaktors eine größere Modularität und Serien-Produktion ermöglichen. Es besteht ein größerer Druck, den Brennstoff langfristig abzubrennen und die Brennstoffzyklen zu verlängern. In Zukunft könnten fortschrittliche Reaktortypen nach dem Prinzip arbeiten, dass der gesamte kompakte und hermetisch abgeschlossene Kern alle zehn Jahre oder öfter ausgetauscht wird. Er würde ähnlich wie eine Batterie funktionieren, die man in dieser Periode austauschen würde", sagt Vladimir Wagner vom Institut für Kernphysik der Akademie der Wissenschaften.
Kleine modulare Reaktoren befinden sich noch in der Entwicklung, und es gibt noch keine Lizenzen für den kommerziellen Betrieb. Sie werden voraussichtlich um das Jahr 2030 verfügbar sein, sind aber schon seit langem auf U-Booten und Flugzeugträgern im Einsatz. "Im Namen der tschechischen Atomassoziation sind wir uns zuversichtlich, dass die tschechische Industrie in der Lage ist, eine solche Anlage von A bis Z herzustellen. Aber es bräuchte eine strategische Partnerschaft, zum Beispiel zwischen CEZ und einem der Entwickler von modularen Reaktoren, sowie ein klares staatliches Energiekonzept", sagt Tomas Kovalovsky von der tschechischen Atomassoziation.
Teurer Strom
Dagegen die modularen Reaktoren spricht die Tatsache, dass der Preis pro Megawatt Strom, der in modularen Reaktoren produziert wird, doppelt so hoch ist wie der eines konventionellen Atomkraftwerks. "In 15 Jahren werden erneuerbare Energien und die Stromspeicher billiger werden, aber wir sehen, dass die Kernreaktoren immer teurer werden und ihr Fertigstellungstermin sich verlängert. Die Verdreifachung des ursprünglichen Preises ist keine Ausnahme", betont Milan Smrz, Förderer erneuerbarer Energien und Vizepräsident des europäischen Verbands EUROSOLAR.
Ein weiterer Streitpunkt ist die Lagerung der abgebrannten Brennelemente. Das Tieflager für Atommüll aus Temelin und Dukovany steht nur auf dem Papier.
Übersetzung: BIU/OIZP /gr/