Tschechien: Gespräch mit Dana Drabova: "Alle Bewerber um das Dukovany-Auswahlverfahren haben Erfolge und Misserfolge hinter sich"
01.01.21, Quelle: All for Power, Übersetzung: BIU/OIZP
Das Staatsamt für Kernsicherheit muss den angebotenen Reaktor auch ohne Referenzblock und ohne Lizenz in seinem Ursprungsland auswerten können. "Es wird aber viel teurer sein, die Kosten für den Lizenzierungsprozess werden viel teurer sein und es wird auch viel länger dauern," macht Dana Drabova im Gespräch für All for Power aufmerksam.
Das Schlüsselthema war Ende des vergangenen Jahres die Frage, ob zum Dukovany-Auswahlverfahren die russische Firma Rosatom und die chinesische Firma CGN einzuladen oder nicht - also die potenziellen Bewerber, mit denen CEZ bereits verhandelt hat. Könnte das Wettbewerb der restlichen drei Bewerber vollwertig sein? Wir wissen, dass die amerikanische Firma Westinghouse und die französische Areva, die heute unter dem neuen Namen Framatome ein Bestandteil der Firma EdF ist, Probleme mit der Fertigstellung der Reaktoren haben.
Drabova: Einige Staaten haben sich mit dem Auswahlverfahren gar nicht belastet und haben sich für ein anderes Modell entschieden - sie schlossen ein Zwischenregierungsübereinkommen mit dem Land, in dem der Lieferant seinen Sitz hat. Darin sehe ich kein Problem.
Frage: Das bedeutet, dass Sie das Modell des Zwischenregierungsübereinkommens präferieren würden?
Drabova: Danach fragen Sie mich nicht. Das Staatsamt für Kernsicherheit wird nach einer gewissen Zeit das Ansuchen um die Baugenehmigung bekommen. Wir werden es objektiv bewerten - ohne Rücksicht darauf, wer der ausgewählte Lieferant sein wird. Ich kann in dieser Frage keine Präferenzen haben.
Frage: OK, lassen wir diese Frage sein. Es würde mich interessieren, ob wir uns leisten können, die Auswahl auf drei Interessenten zu reduzieren: und zwar auf Westinghouse, EDF und auf die koreanische KHNP. Im Falle der Koreaner spricht man unter anderem davon, dass sie im Ausland nur ein einziges Atomkraftwerk gebaut haben - in den Vereinigten Arabischen Emiraten und dass es sich nicht einmal um Reaktoren der 3plus Generation handelt...
Drabova: Der Reaktor der Firma KHNP hat ein europäisches Zertifikat gemäß den Anforderungen von European Utility Requirements. Als Referenzblock dient der Reaktor der 3plus-Generation im südkoreanischen Atomkraftwerk Shin Kori. Der hat eine Leistung von 1.400 MW, so mussten die Koreaner je nach den Regelungen des Dukovany-Auswahlverfahrens auf maximal 1.200 MW reduzieren.
Frage: Und was die negativen Erfahrungen der Gesellschaft Westinghouse, die den Bau der Reaktoren in Südkarolina nicht fertiggestellt hat, und der ehemaligen Areva, deren immer noch nicht fertiggestellten Blöcke im finnischen Olkiluoto und französischen Flamanville sich weiteren verspäten und verteuern?
Drabova: Nicht einmal Rosatom oder CGN haben nur positive Referenzen aus den ausländischen Bauten. Westinghouse und Areva haben auf der anderen Seite die Reaktoren der 3plus-Generation in China erfolgreich errichtet, und das nur mit einer geringen Zeitverzögerung.
Frage: Ist es nicht ein Paradox, dass die europäischen und amerikanischen Firmen erfolgreiche Referenzen aus China haben, während wir davon diskutieren, dass wir die chinesische Firma als den potenziellen Bewerber aus dem Dukovany-Wettbewerb ausschließen sollen?
Drabova: Es wird davon gesprochen, ob man China als Land der Lieferanten ausschließen soll. Die Entscheidung liegt wirklich nicht an mir. Ich kann dazu nur sagen, dass wenn der potenzielle Reaktorlieferant in Dukovany den Bau in einem anderen Land erfolgreich beendet, verbindet es uns mit diesem Land nicht. Ich aus meiner Sicht sehe fünf technologisch gleichwertige potenzielle Bewerber, von denen jeder Erfolge, aber auch Misserfolge hinter sich hat.
Frage: Im Falle der Firma Westinghouse und der Franzosen gibt es hier noch eine Befürchtung: sie haben schlechte Erfahrungen mit dem Temeliner Auswahlverfahren, das CEZ letztendlich aufgelöst hat, und die Frage ist, ob sie ein wirkliches Interesse und Vertrauen in das Dukovany-Auswahlverfahren haben...
Drabova: Die Erfahrung mit dem Temeliner Auswahlverfahren hat auch Rosatom. Wir haben hier eine Zusammensetzung verschiedener Aspekte. Es ist aber unfair, sich davon nur das auswählen, was interessant aussieht. Außerdem die französische Areva wird nicht mehr im Dukovany-Auswahlverfahren dabei sein, da sie zum Bestandteil der Firma EdF wurde.
Ein Referenzblock ist ein Vorteil - Frage: Sie haben gesagt, dass die Koreaner die Leistung ihres Blocks reduzieren mussten. Das gleiche gilt auch über die Franzosen. Ist es nicht ein Problem, dass die Referenzblöcke von KHNP und EdF eine größere Leistung haben werden als diejenigen, dass die sie in Dukovany bauen würden?
Drabova: Hier muss man noch einmal wiederholen, dass der Referenzblock und Lizenz im Land des Ursprungs zum großen Vorteil ist - es ist aber nicht eine notwendige Bedingung. Wir müssen im Stande sein, auch den Reaktor ohne Referenzblock und ohne Lizenz im Land des Ursprungs auszuwerten - es wird viel teurer sein, die Kosten für das Lizenzierungsverfahren werden auch höher sein und es wir auch viel länger dauern. Angesichts der Möglichkeiten unserer Atomaufsicht empfehlen wir dem Interessenten, einen Referenzblock im Land des Ursprungs anzuführen. Was er für den Referenzblock anführt, ist seine Sache. Wenn wir aber auf den Tisch ein Ansuchen um die Baubewilligung ohne Lizenz im Land des Ursprungs und ohne Referenzblock bekommen, müssen wir damit auch umgehen können.