Offener Brief an Bundeskanzler Faymann
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler!
Laut Umfragen wollen 78% der Österreicher_innen den Ausstieg aus dem EURATOM-Vertrag, aus jenem Vertrag, der 1957 begründet wurde, um die Voraussetzungen für den Aufbau einer mächtigen europäischen Atomindustrie zu schaffen. 81% der Österreicher_innen sind nicht einverstanden, dass mit unseren Steuergeldern eben jene europäische Atomindustrie gestützt wird, und zwar jährlich in unbezifferbarer Millionen Euro Höhe. Schätzungen gehen von 100 Millionen Euro jährlich aus - de facto spielt es aber keine Rolle, wie hoch der Betrag ist: jeder Cent für die Atomindustrie ist den österreichischen Bürger_innen einer zuviel!
82 Organisationen der Kampagne "Österreich - RAUS aus EURATOM" aus dem Anti-Atom/Umwelt/Ethik/Erneuerbare Energien-Bereich sowie die Diözese Linz und die Evangelische Kirche A.B. in Oberösterreich repräsentieren eindrucksvoll den Willen der Österreicher_innen nach einem Ausstieg Österreich aus dem EURATOM-Vertrag.
Wir sind überzeugt, dass ein solcher Schritt für die Europäische Union kein Problem darstellen wird. Schließlich wird immer auf europäischer Ebene betont, dass Energiepolitik nationale Souveränität ist, dass man anerkennt, dass es eben Staaten gibt, die auf Atomenergie setzen und andere wiederum, die die Atomenergie ablehnen und stattdessen auf nachhaltige und erneuerbare Energien setzen.
Insofern ist es nur konsequent und wir sind überzeugt, Brüssel erkennt das ohne Probleme an, dass die Österreicher_innen als vehemente Atomgegner_innen nicht die Atomindustrie stützen wollen und ihre Steuergelder nur für erneuerbare und nachhaltige Energien verwendet werden, Österreich somit aus den Verpflichtungen des EURATOM-Vertrags, nämlich am Aufbau einer mächtigen europäischen Atomindustrie mitzuwirken, entlassen wird und aus dem EURATOM-Vertrag aussteigt.
Wir sind auch überzeugt, dass mit einem solchen Schritt, sich das Bild der Europäischen Union in Österreich verbessern würde: Ein Land, das die Atomindustrie ablehnt, wird nicht länger gezwungen, Mitglied bei einer Institution zu sein, die eine mächtige europäische Atomindustrie aufbauen will, sondern kann die freiwerdenden Mittel in Richtung erneuerbarer Energie umlenken - eventuell auch institutionalisiert und organisiert mittels eines Vertrags zur Förderung von Erneuerbaren Energien, dem nach und nach weitere EU-Mitgliedstaaten beitreten können.
Durch den Ausstieg Österreichs aus EURATOM gewinnt auch der Kampf gegen grenznahe Atomanlagen wie Mochovce, Temelin, Isar 1 ... an Qualität, die österreichische Anti-Atom-Politik wird gestärkt. Dass Österreich heute zahlendes Mitglied der Europäischen Atomgemeinschaft EURATOM ist und damit auch die Forschung neuer Atomreaktortypen mit unterstützt, deren Dreh- und Angelpunkt die Plutoniumwirtschaft darstellt, stellt per se ein Glaubwürdigkeitsproblem für die österreichische Anti-Atom-Politik dar.
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, wir wünschen uns einen beherzten Bundeskanzler Faymann. Einen Bundeskanzler, der in Brüssel klarstellt, dass Österreich seine Mitgliedschaft bei der Europäischen Atomgemeinschaft EURATOM überdenken will und Schritte für den Ausstieg Österreichs aus dem EURATOM-Vertrag setzen wird: auch im Hinblick auf das Bild der Europäischen Union in Österreich, im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit der österreichischen Anti-Atom-Politik und im Hinblick auf eine europäische Energiepolitik, die von erneuerbaren Energien getragen wird.
Mit freundlichen Grüßen
Roland Egger und Gabriele Schweiger
Sprecher von atomstopp_oberoesterreich
Weitere Informationen:
www.raus-aus-euratom.at
Roland Egger +43 664 421 56 13
Gabriele Schweiger + 43 664 390 77 09