Atomstaat

22.10.25, Quelle: Zeitung A2, Seite 30, Edvard Sequens, Übersetzung: OIZP/BIU

Atomstaat
Die scheidende Fiala-Regierung hat es in ihrer fast alchemistischen
Besessenheit, Atome zu spalten, noch geschafft, weitere Staatsausgaben
im Zusammenhang mit Dukovany zu planen. Große Sorgen der zukünftigen
Finanzminister werden nicht nur die allmählich steigenden
Investitionskosten für beide Reaktoren machen. Dafür müssen derzeit rund
410 Milliarden im mehrjährigen Staatshaushalt bereitgestellt werden,
plus weitere fast vierzehn für die Anpassung und Modernisierung der
Verkehrswege, ohne die die schweren Stahlgussteile aus Korea zu einem
eigentümlichen Denkmal irgendwo an der Elbe würden. Hinzu kommen
mindestens weitere zwölf Milliarden, mit denen wir die anerkannten
Auswirkungen dieses gigantischen Bauwerks auf seine Umgebung
subventionieren müssen. Gleichzeitig fehlen dem tschechischen Haushalt
allein für hochwertige Bildung, Wissenschaft und Forschung Dutzende
Milliarden, ohne die wir die notwendige Modernisierung nicht bewältigen
können.

Die in der sozioökonomischen Studie von Dukovany 2024 beschriebenen
Auswirkungen zeigen, dass der Bau zehntausend neue Einwohner in die
Region bringen wird, für die dringend dreitausend neue Wohnungen,
Parkplätze, Schulen, Kindergärten und Arztpraxen geschaffen,
Krankenhäuser ausgebaut, der öffentliche Nahverkehr sichergestellt und
die Personalkapazitäten der öffentlichen Verwaltung gestärkt werden
müssen. Und nicht nur für sie: Während der Bauzeit werden bis zu
zweiundzwanzigtausend Ausländer - Bauarbeiter und ihre
Familienangehörigen - hierherziehen. Daher wird ein spezielles
Regierungsprogramm zur Förderung gezielter Wirtschaftsmigration auf den
Weg gebracht (vielleicht stellt Okamuras SPD jemanden, der für die
Koordinierung geeignet ist?).

Der kürzlich verabschiedete Aktionsplan zur Bewältigung der Auswirkungen
der "Fertigstellung" des Kernkraftwerks Dukovany enthält 35 konkrete
Maßnahmen. Auffällig ist, dass der Bereich Sicherheit und
Krisenmanagement an erster Stelle steht - die Stärkung der
Polizeikapazitäten zur Gewährleistung der öffentlichen Ordnung, die
Integration neu angekommener Arbeitnehmer sowie die Ausstattung und
Bezahlung neuer Feuerwehrleute und Sanitäter.

Zusätzlich zu den bereits erwähnten Bereichen planen die Regierung und
Regionalpolitiker aus den Regionen Vysocina und Südmähren, den Traum
tschechischer und mährischer Industrieller zu verwirklichen und das
regionale Bildungssystem aktiv an die Bedürfnisse der Atomindustrie
anzupassen. Dies geschieht nicht nur durch die Anpassung der
Fächerstruktur der Fachmittel- und Hochschulbildung, sondern auch der
gesamten Schulinfrastruktur. Gewöhnliche Entwicklungspläne für
Bildungseinrichtungen ohne klaren Bezug zum Bau von Reaktoren sollen
nicht finanziert werden.

Ein wesentlicher Bestandteil des von der Regierung genehmigten Dokuments
ist die Kommunikationsstrategie. Die Autoren des Ministerrats haben
offenbar erkannt, dass der unkritische Glaube der Bürger an die Rettung
durch die Atomenergie, der zu den stärksten in Europa zählt, Schaden
nehmen könnte, wenn mit dem Bau begonnen wird und die wirtschaftliche
Realität oder die praktischen Folgen in der Umgebung deutlich werden.
Von der nationalen bis zur regionalen Ebene sollte uns deswegen über
alle verfügbaren Kommunikationskanäle versichert werden, dass die
Atomenergie eine heimische, sichere und nützliche Ressource ist, die uns
helfen soll, den Klimawandel abzuwenden. Und falls Stimmen oder Studien
von Gegnern auftauchen, wird eine zentral gesteuerte kritische
Kommunikation vorbereitet. Auch der öffentlich-rechtliche Tschechische
Rundfunk wird als Kampagnenpartner vorgeschlagen.

Beim Lesen kam mir das Buch "Der Atomstaat" des österreichischen
Schriftstellers und Zukunftsforschers Robert Jung in den Sinn. Darin
beschrieb er die Stärkung der Rolle des Staates, der sich für die
Nutzung der Atomenergie entschied, mit negativen Folgen für die
individuelle Freiheit. Auch nach fünfzig Jahren hat es nichts von seiner
Anziehungskraft verloren, obwohl unsere Welt erneut von Algorithmen
sozialer Netzwerke und nun auch von KI erschüttert wird. Werden wir
rechtzeitig aus dieser Benommenheit erwachen?
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