Menschen bei Kundgebung, im Vordergrund gelb-schwarze Fahne "Raus aus EURATOM" mit roter Anti-Atom-Sonne

atomstopp erkundet für EU-Wahl die Anti-Atom-Haltung der österreichischen Parteien

04.06.24 - Insgesamt herrscht der nötige Konsens, dass Atomstrom keine Lösung in der Klimakrise bietet. Bei der FPÖ gibt es allerdings nach widersprüchlichen Signalen Klärungsbedarf

Im Vorfeld der anstehenden EU-Wahl hat sich atomstopp_atomkraftfrei leben! mit einem Fragebogen bei den österreichischen Parteien nach ihrer Haltung zur Atomkraft, zu Strategien zur Eindämmung der Atomlobby im Europäischen Parlament und zum EURATOM-Vertrag erkundigt.

Befragt wurden alle sieben Parteien, die zur EU-Wahl antreten. Geantwortet haben ÖVP, SPÖ, FPÖ, GRÜNE und NEOS. Keine Antwort ist gekommen von KPÖ und DNA.

Grundsätzliche Haltung zur Atomkraft

atomstopp hat die Parteien gefragt, ob ihrer Ansicht nach Atomkraft einen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann, wie sie zu SMR-Schrumpfmeilern stehen und wie wichtig ihnen eine Energiezukunft ohne AKWs ist.

"Alle fünf österreichischen Parteien, die derzeit im EU Parlament vertreten sind, lehnen Atomkraft als Lösung für die Klimakrise sowie SMR-Schrumpfmeiler ab und räumen einer Energiezukunft ohne AKWs ausdrücklich höchste Priorität ein", zeigt sich Herbert Stoiber, Geschäftsführer von atomstopp_atomkraftfrei leben! erfreut über den unbedingt notwendigen Konsens in dieser wichtigen Frage.

Die ÖVP möchte technologieoffenen "Klimaschutz mit Hausverstand", sieht bei SMR die Gefahr militärischer Nutzung und will vehement gegen Endlager in Grenznähe auftreten.
Die SPÖ lehnt den gescheiterten "Versuch, Atomenergie als klimaneutrale Zukunftstechnologie neu zu erfinden" auch "in neuer Verpackungsgröße" (also als SMR) umfassend ab.
Die FPÖ kritisiert die EU-Klassifizierung von Kernenergie als nachhaltig und bevorzugt risikolose "erneuerbare Energien wie Wasserkraft, Solarenergie und Biomasse".
Die GRÜNEN betonen, dass wegen des hohen Risikos, der hohen Kosten, der viel zu langen Errichtungsdauer und des Atomüllproblems AKWs und SMRs keine vernünftige Option seien.
Für NEOS ist Atomkraft "in Österreich" keine Option, da hier ausreichend Potential für Erneuerbare vorhanden sei. Die Entwicklung von SMR verfolgen sie mit kritischem Blick.

Deutliches Bekenntnis der FPÖ erforderlich

Für die FPÖ hat Harald Vilimsky geantwortet. Nachdem seine Antworten bei atomstopp eingegangen waren, hat die Wochenzeitung Falter aufgedeckt, dass Vilimsky sich im April 2023 in einem EU-Papier "äußerst besorgt über die fortschreitende Energiewende weg von der Kohle hin zu Solar- und Windenergie" in Nordmazedonien gezeigt und stattdessen empfohlen hatte, "auf Lösungen im Bereich der Kernenergie zu setzen".

Von atomstopp dazu befragt, antwortete Vilimsky, dieser Text sei von der AfD gekommen und letztlich nicht wirksam.

Bis heute steht dieser Text allerdings auf den offiziellen Websites der EU und muss so als FPÖ-Forderung verstanden werden.

"Schon Ende 2022 hatte Nationalratspräsident Norbert Hofer eine Firma in das Parlament geladen, die an Gelder heranzukommen versucht mit dem völlig unrealistischen Versprechen, in den nächsten Jahren einen Thoriumreaktor bauen zu können. Die Vilimsky-Forderung, Nordmazedonien müsse auf Atomstrom statt auf Erneuerbare setzen, ist also schon der zweite Hinweis darauf, dass eine klare Anti-Atom-Haltung für die FPÖ nicht wichtig oder engen FPÖ-Freunden wie der AfD nicht bekannt ist. atomstopp fordert daher von der FPÖ ein unzweideutiges Bekenntnis zum österreichischen Anti-Atom-Konsens. Dieses Bekenntnis muss so laut und deutlich ausfallen, dass es auch die Atomlobby-Partei AfD hören kann", fordert Stoiber Klarheit von der FPÖ in dieser den Österreicher_innen so wichtigen Frage ein.

Strategien zur Eindämmung der Atomlobby im Europäischen Parlament

atomstopp hat die Parteien um Antworten ersucht, wie und mit welchen Allianzen (Delegationen, Fraktionen) sie die Atomlobby im Europäischen Parlament einbremsen wollen und ob sie Pläne haben, sich in guter österreichischer Tradition an die Spitze derer zu stellen, die den weiteren Ausbau der Atomkraft bekämpfen.

Die ÖVP setzt auf Aufklärung über vergangene Atomkatastrophen und will sich für eine atomfreie Zukunft einsetzen, ohne sich über Allianzen mit anderen zu äußern. Dabei hält sie nachdrücklich fest, dass die Mitgliedstaaten ihren Energiemix autonom festlegen dürfen.
Die SPÖ möchte anderen Ländern zeigen, dass eine Energieversorgung ohne Atomkraft möglich ist und sie auf das Sicherheits- und gigantische wirtschaftliche Risiko von AKWs hinweisen. Sie setzt auf Zusammenarbeit mit gleichgesinnten Parlamentarier_innen.
Die FPÖ kritisiert die Schützenhilfe der EU-Kommission für die Atomlobby. Sie betont "die Souveränität im Energiebereich für die Mitgliedsstaaten". Sie will sich je nach Rechtsakt gemeinsam mit anderen österreichischen Delegationen gegen Atomenergie positionieren.
Die GRÜNEN kämpfen mit Transparenz und Aufklärung gegen die Risiken der Atomenergie. Sie wollen "weiterhin eng mit anderen österreichischen Delegationen und zivilgesellschaftlichen Organisationen zusammenarbeiten, die sich ebenfalls gegen Atomkraft einsetzen".
NEOS betonen das ausreichende Potential erneuerbarer Energien in Österreich. Sie sehen sich als laute Kämpfer_innen gegen die Taxonomie, ohne sich über Allianzen mit anderen zu äußern.

EURATOM-Vertrag

atomstopp hat die Parteien nach Signalen für eine Reform des EURATOM-Vertrags gefragt, mit der die Privilegierung der Atomindustrie abgeschafft werden soll, sowie ob sie einen - einseitigen - Ausstieg aus EURATOM befürworten (bei dem rechtlich strittig ist, ob er den gleichzeitigen Austritt aus der EU bedeuten würde).

Die ÖVP erkennt zunehmende Diskussionen zur Reform des EURATOM-Vertrags innerhalb der EU und betont die Notwendigkeit, die Privilegien der Atomindustrie zu überprüfen. Zum Vertragsausstieg äußert sie sich nicht.
Die SPÖ antwortet, sie trete "für die Reform des EURATOM-Vertrages in Richtung eines Atomausstiegvertrags ein". Zum Vertragsausstieg äußert sie sich nicht.
Die FPÖ hält aufgrund der erforderlichen Einstimmigkeit eine Reform des EURATOM-Vertrages für undurchführbar und den Austritt Österreichs für eine akzeptable Lösung.
Die GRÜNEN halten den EURATOM-Vertrag für unbedingt reformbedürftig, aber einen Ausstieg weder für möglich und noch für zielführend, weil er "auch dem Austausch in Sicherheitsfragen, dem Strahlenschutz und der Nicht-Weiterverbreitung von Kernwaffen dient", bei dem Österreich weiterhin - auch unter Einsatz der Veto-Drohung als Druckmittel - mitsprechen solle.
NEOS betonen, dass es unklar sei, ob ein Austritt aus dem EURATOM-Vertrag ohne EU-Austritt möglich sei und betonen seine Reformbedürftigkeit. Österreichs solle dabeibleiben und "seine Interessen - etwa möglichst strenge Prüfungen - vertreten".

"atomstopp_atomkraftfrei leben! wird die Parteien nach der Wahl daran erinnern, dass sie sich auch in ihrer täglichen Arbeit im EU-Parlament gegen die extrem erfolgreiche Atomlobby positionieren müssen. Schließlich betreiben nur 12 von 27 EU-Staaten AKWs. Es gibt also keinen Grund, den von Frankreich angeführten Lobbyisten bei ihren schmutzigen Geschäften tatenlos zuzuschauen", hält Stoiber abschließend fest.

Rückfragehinweis:
Herbert Stoiber, +43 681/10 42 92 51
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