UVP-Einwendung von atomstopp_oberoesterreich gegen neuen Reaktorbau in Tschechien

10.01.18 - Stellungnahme zur Umweltverträglichkeitserklärung zum ‚Vorhaben einer neuen Kernkraftanlage am Standort Dukovany‘

An das
Amt der oberösterreichischen Landesregierung
Direktion Umwelt‐ und Wasserwirtschaft
Abteilung Anlagen, Umwelt und Wasserrecht

Kärntnerstraße 10‐12
4021 Linz Linz/Freistadt, 10. Jänner 2018


Stellungnahme zur Umweltverträglichkeitserklärung zum ‚Vorhaben einer neuen Kernkraftanlage am Standort Dukovany‘


Mit Erstaunen müssen wir verfolgen, dass die Tschechische Republik gegen jede Erkenntnis aus dem nur wenige Jahre zurückliegenden Plan eines Neubaus von zwei Reaktoren am Standort Temelin nun auch für den Standort Dukovany den Bau einer zusätzlichen Kernkraftanlage andenkt. Das Bauvorhaben in Temelin ist bekanntlich an seiner offensichtlichen Unfinanzierbarkeit gescheitert. Da es keinen Grund zur Annahme gibt, dass sich an den Bedingungen etwas geändert haben könnte ist es umso unbegreiflicher, dass die Tschechische Republik sehenden Auges noch einmal die selbe Sackgasse einschlägt und dadurch neben beträchtlicher Finanzmittel auch wertvolle Zeit für die Erstellung sowie die Umsetzung einer zukunftsfähigen Energiestrategie verliert.

In diesem Zusammenhang ist zudem mit Bedauern festzustellen, dass auch die ebenfalls äußerst prekären Erfahrungen bei den beiden in Europa im Bau befindlichen Atomanlagen keinerlei Einflüsse auf die Vorgehensweise der tschechischen Bauwerber zu haben scheint. Der einzige Schluss, der aus den horrenden Kostenexplosionen sowie dem Sprengen jedes Zeitplans an den Baustellen in Flamanville und Olkiluoto gezogen werden kann ist der, dass von Investitionen in neue AKWs allein schon aus Gründen der wirtschaftlichen Vernunft abgesehen werden muss.

Die Tschechische Republik startet dennoch erneut den Versuch, das lässt unter diesem Aspekt auch berechtigte Befürchtungen wachsen, der Betreiber könnte versuchen, mit versteckten Billigausführungen, die Finanzierung zu ermöglichen. Schon in den bestehenden vier Atomreaktoren ist es in den letzten Jahrzehnten vielfach zu Unregelmäßigkeiten gekommen – unter anderem die bewusst gefälschten Dokumentationen bei den Sicherheitskontrollen der Schweißnähte. Diese verantwortungslose Vorgehensweise nährt diese Befürchtungen zusätzlich. Auch die unkonkreten Angaben dazu, welcher Reaktortyp in Dukovany gebaut werden soll, sind nicht geeignet, das Vertrauen in die Redlichkeit der Bauwerber zu festigen.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die laufende, altbekannte Debatte um den Umgang mit den zwangsläufig anfallenden hochradioaktiven Abfällen. Hier ist die Tschechische Republik noch keinen Schritt vorwärts gekommen, die Lösung der Endlagerfrage wird im Gegenteil immer weiter in die Zukunft verschoben. Unter diesen Umständen auch nur daran zu denken, weiteren Atommüll zu produzieren ist in höchstem Maße vermessen.

Auch die Versorgung mit dem Rohstoff Uran stellt eine Problematik dar, die bemängelt werden muss, da in der Tschechischen Republik und auch in Europa keine nennenswerten Uranreserven zur Verfügung stehen und somit zweierlei provoziert wird: Einerseits die damit einhergehende Energieabhängigkeit von Drittstaaten und andererseits die Ausbeutung bei der Urangewinnung in Ländern mit Umweltstandards, welche im Sinne einer globalen Verantwortung zutiefst zu verurteilen und abzulehnen sind.

Neben diesen wirtschaftlichen und strategischen Mängeln steht dem Vorhaben aus unserer Sicht natürlich auch das systemimmanente Gefährdungspotenzial entgegen. Die geografische Lage des Standortes Dukovany würde im Falle eines Reaktorunfalls auch die Österreichische Bevölkerung schwer in Mitleidenschaft ziehen. Die Versicherungspraktik der Betreiberfirma CEZ ist bekanntlich völlig unzulänglich, die Bevölkerung hätte so zum gesundheitlichen Schaden auch noch keinerlei Chance auf angemessene Entschädigung.

Wir erheben aus all diesen Gründen im Namen unserer Vereinsmitglieder und Unterstützerinnen und Unterstützer Einspruch gegen das Bauvorhaben einer Atomkraftanlage am Standort Dukovany und verlangen zur gegenständlichen Erörterung und Argumentationsführung eine öffentliche Anhörung auf Österreichischem Bundesgebiet, die ausreichend Zeit bietet, sowie für alle Österreicherinnen und Österreicher gut erreichbar und terminmäßig leicht zu bewältigen ist.

Mit Ersuchen um positive Erledigung und
freundlichen Grüßen


Roland Egger
atomstopp_atomkraftfrei leben!
Obmann

Gabriele Schweiger
Mütter gegen Atomgefahr
Obfrau

Dieses Schreiben ging am 10. 1. 2018 an die oberösterreichische Landesregierung mit der Bitte um Weiterleitung an die tschechische Behörde
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