Offener Appell an LH Pühringer: Kein Eiserner Vorhang ist gut - neue Fronten durch Atom-Provokationen aber genauso belastend!
11.12.09 - Anläßlich heutiger Gedenkfeier in Wullowitz
Offener Appell der Freistädter Mütter gegen Atomgefahr an Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer
Kein Eiserner Vorhang ist gut - neue Fronten durch Atom-Provokationen aber genauso belastend!
Sehr geehrter Herr Landeshauptmann Dr. Pühringer,
anlässlich der heute stattfindenden Feierlichkeiten zum 20-jährigen Gedenken an den Fall des Eisernen Vorhangs in Wullowitz appellieren wir dringend an Sie, sich - und vor allem uns, der Bevölkerung, nicht in die Taschen zu lügen.
Ja, es ist gut, dass es keinen Eisernen Vorhang mehr gibt, aber die neuen Fronten, gebildet aus den ständigen Atom-Provokationen durch Tschechien, sind genau so belastend. Solange das AKW Temelin läuft, wird es keine ehrlich gute Nachbarschaft geben, bestenfalls eine geheuchelte. Wir wissen alle, dass unsere Chancen gegen die atomare Bedrohung aus unserem Nachbarland vor allem deshalb so gering sind, weil sich Tschechien schlicht und ergreifend nicht an die Abmachungen aus dem Melker Abkommen hält. Das Abkommen wurde nachweislich gebrochen - es besteht also ehrlich betrachtet kein Anlass, allzu vertrauensvoll miteinander zu feiern ....
Aber nicht nur aus der Geschichte heraus stößt uns die Zeremonie sauer auf. Denn gerade Ihr Pendant in Tschechien, Jiri Zimola ist es, der einem Ausbau Temelins um zwei weitere Blöcke erst kürzlich auf politischer Ebene Tür und Tor geöffnet hat! Zwei weitere Reaktoren, die weiteren Atommüll produzieren. Und diesen möchte man, wie sich bereits abzeichnet, keine 20 Kilometer von der oberösterreichischen Landesgrenze endlagern.
Seien Sie uns nicht barsch, Herr Landeshauptmann, aber uns ist jede Feierlaune längst abhanden gekommen. Wir sehen keinen Grund, die Vergangenheit abzufeiern, während unsere Zukunft derart massiv gefährdet wird.
Ich möchte Sie an Ihre eigenen Worte erinnern, beim Antiatomgipfel-Gipfel im Juni 2006, bei dem Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Kromp vom Institut für Risikoforschung der Universität Wien die ungelösten Sicherheitsmängel im AKW Temelin und somit den Bruch des Melker Abkommens bestätigte.
Von einem Journalisten gefragt, was Sie denn nun tun würden, außer Briefe schreiben, haben Sie geantwortet: "Oberösterreich ist ja nicht niemand - wir können auch andere Maßnahmen ergreifen..." Sehen Sie, Herr, Landeshauptmann: das ist genau das Mandat, das Sie von den Oberösterreicher_innen haben. Wir brauchen Sie, als Landeschef nicht in erster Linie für hübsche Gedenkfeiern, sondern viel mehr für den Erhalt einer nachhaltig lebenswerten Umwelt - für uns und für unsere nächsten Generationen!
Ihnen muss klar sein: der Konflikt um Temelin, so er ungelöst bleibt, ist geeignet, neue, nachhaltige Ressentiments zu erzeugen. Es liegt in Ihrer Hand, dies sauber und unmissverständlich auch Richtung Tschechien zu kommunizieren. Alles andere wäre eine Brüskierung all jener, denen Sie selbst im Oktober 2000 für ihr tage - und nächtelanges Ausharren an den Grenzen gedankt haben.
Mit freundlichen Grüßen
Freistädter Mütter gegen Atomgefahr
Gabi Schweiger, Obfrau
Telefon: 0664 390 77 09
Anmerkung: Freistädter Mütter gegen Atomgefahr sind mit dem Verein atomstopp_atomkraftfrei leben! in einem losen Zusammenschluß. Gemeinsam treten die beiden Vereine als atomstopp_oberoesterreich auf.